4. September 2010
Eine Anleitung in zehn Schritten
Die folgende Anleitung, wie man als Verfassungsgegner einen Job bekommt und auch noch behält, basiert auf einem aktuellen Fall vor dem Hamburger Landgericht, der vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht auf Gegenliebe weiterer Verfassungsgegner gestoßen ist. Darauf sollten wir erst einmal anstoßen. Und uns dann ein Beispiel nehmen. Dazu dient ein fiktiver Fall, der sich aus dem aktuellen Fall ergibt.
1. Schritt zum Verfassungsgegner: Richter in Hamburg werden. Schon landet auf dem Schreibtisch ein Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung. Der Antragsteller möchte über sich nicht mehr veröffentlicht wissen: "Herr Y. soll als Schatzmeister des Sportvereins Y Mitgliedsbeiträge unterschlagen haben. Diesen Vorwurf erheben mehrere Vereinsmitglieder." Verschwiegen wird in diesem Antrag: Der Schatzmeister hat einem Mitglied nach einem Protest geschrieben, dass noch ein Guthaben vorhanden sei. Das werde umgehend erstattet. Ob die Summe stimme, könne allerdings weder von dem Schatzmeister noch von dem Mitglied überprüft werden.
2. Schritt zum Verfassungsgegner: Richter in Hamburg bleiben und im Eilverfahren entscheiden: Die Behauptung, der Schatzmeister habe Geld unterschlagen, darf von der Beklagten nicht mehr öffentlich verbreitet werden.
3. Schritt zum Verfassungsgegner: Weiter in Hamburg Richter sein und den nächsten Antrag des Schatzmeisters lesen. Der verlangt nun: Eine zweite Zeitung hat über den Fall berichtet und die Einstweilige Verfügung zitiert. Außerdem sei angemerkt worden, dass dieser Zeitung Berichte von Mitgliedern vorliegen, in denen der Vorwurf der Unterschlagung ebenfalls erhoben wird. Diese Veröffentlichung soll verboten werden.
4. Schritt zum Verfassungsgegner: Als inzwischen in Hamburg etablierter Richter auch gegen die zweite Zeitung eine Einstweilige Verfügung erlassen. Gern genommen wird diese Begründung von allen Verfassungsgegnern in Hamburg: "Erweckt wird mit der Veröffentlichung in der zweiten Zeitung der Eindruck, der Schatzmeister habe Geld unterschlagen."
5. Schritt zum Verfassungsgegner: Den Widerspruch der zweiten Zeitung ignorieren, die an Eides Statt beigefügten Berichte von Mitgliedern über Unterschlagungen beiseite schieben, weil dem Schatzmeister inzwischen an Eides Statt bescheinigt worden ist, dass er kein Geld unterschlagen hat. Als Zeugen ruft der Schatzmeister seine Ehefrau und seinen Sohn auf.
6. Schritt zum Verfassungsgegner: Bei der Verhandlung die Zeugen der zweiten Zeitung von Justizbeamten bewachen lassen. Der Schatzmeister hat keine Zeugen zum Termin gebeten. Die müssen also nicht bewacht werden. Als entschlossener Richter in Hamburg die Zeugen der zweiten Zeitung nicht anhören.
7. Schritt zum Verfassungsgegner: Als vom Grundgesetz verlassener Richter die Wahrheit verbieten. Die lautet eigentlich: Die zweite Zeitung hat völlig korrekt geschrieben, dass ihr gewisse Berichte vorliegen. Daran kann überhaupt kein Zweifel bestehen. Hat aber keinen Einfluss auf das Urteil: Bei dem Verbot bleibt´s.
8. Schritt zum Verfassungsgegner: Sich als Richter auf andere Richter einer höheren Instanz verlassen. Die etnscheiden genauso.
9. Schritt zum Verfassungsgegner: Die erste und die zweite Zeitung lernen daraus, dass sie eigene Berichte nicht mehr veröffentlichen sollten. Fortan drucken sie unverändert ab: jede positive Pressemitteilung, die in den Verlag flattert. Negatives landet im Papierkorb.
10. Schritt zum Verfassungsgegner: Das Grundgesetz gilt nicht mehr, alle Verfassungsgegner sitzen fester im Sattel denn je. Schöne, neue Welt - erschaffen in Hamburg...