Dienstag, 23. März 2010

Geistiger Hungertod

23. März 2010

Glauben mit der Neuapostolischen Kirche: Der Zehn-Euro-Schein

Dreimal im Jahr steht eine okkulte Veranstaltung im Kalender der Neuapostolischen Kirche (NAK): Tote werden in die Glaubensgemeinschaft aufgenommen. Früher sind die jenseitigen Neuaufnahmen noch bei Namen genannt worden, heute erfolgt die Aufnahme anonym. Zu den prominentesten Toten, die neuapostolisch geworden sind, gehört Martin Luther. Das wird heute offiziell aber nicht mehr erwähnt.

Geleitet werden die okkulten Veranstaltungen vom jeweiligen Kirchenchef, Der heißt jetzt Wilhelm Leber und hat am 21. März 2010 in Wanne-Eickel einer Mitschrift zufolge an dieser Geschichte deutlich machen wollen, was Glaube ist: Ein Konfirmandenlehrer zieht aus seiner Tasche einen Zehn-Euro-Schein und fragt die Konfirmandenschülerinnen und Konfirmandenschüler, wer von ihnen glaubt, dass dieser Schein echt ist. Alle glauben das. Dann fragt der Lehrer, ob jemand von den Anwesenden glaubt, dass er diesen Schein geschenkt bekommt. Die Konfirmandinnen und Konfirmanden reagieren abwartend. Der Lehrer wedelt mit dem Schein herum, bis eine Schülerin aufsteht, nach vorne geht und die Hand aufhält. Der Lehrer gibt ihr den Zehn-Euro-Schein und sagt: "Das ist Glaube."

Diese Geschichte bleibt nicht in Wanne-Eickel, sie ist bereits via Satellit in viele NAK-Gemeinden übertragen worden, sie wird demnächst in der neuapostolischen Zeitschrift "Unsere Familie" veröffentlicht, in Predigten und Gemeindebriefen wiederholt, denn was der Kirchenchef sagt, ist für alle Amtsträger und Mitglieder Leitschnur fürdie nächsten Wochen.

In den 1980er-Jahren hat sich ein pensionierter NAK-Spitzenfunktionär darüber beklagt, dass die Predigten immer inhaltsleerer werden, die Folge sei: "Mitglieder verhungern geistig." Doch nicht nur das: In dieser Geschichte verliert etwas Wunderschönes seinen Zauber, wird herunterdefiniert auf eine materielle Ebene. Ein Mädchen hält für einen Zehn-Euro-Schein die Hand auf - warum auch nicht? Entweder bekommt sie das Geld und beweist so, dass sie clever ist, oder dem Konfirmandenlehrer fällt noch etwas anderes ein, dann hat sie die paar Schritte im wahrsten Sinne des Wortes umsonst gemacht.

"Where does the answer lie?/Living from day to day/If it's something we can't buy./There must be another way/We are spirits in the material world", heißt es in einem Song von Sting und Police. Klingt wie zugeschnitten auf diese Leber-Geschichte.

Montag, 15. März 2010

Petrus spinnt

Bald ein Seehund?
Foto: Tjaden










15. März 2010

So weit,

lieber Petrus,

ist es gekommen. Mein Hund schult auf Seehund um. Besucht einen Kursus an der Volkshochschule (VHS). Lässt sich mit dem Taxi hinfahren, weil es ohne Unterlass regnet. Mal weniger - meistens mehr. Die Taxifahrten gehen ins Geld. Sollte ich mich weigern, die trockene Anreise zu finanzieren, droht Mike - so heißt mein Hund - mit der Einschaltung des Tierschutzvereins.

Wie man meine Toilette benutzt, hat mein Hund inzwischen gelernt. Manchmal rutscht Mike noch mit dieser oder jener Pfote von der Toilettenbrille ab, aber von Regentag zu Regentag sinkt seine Unfallrate. Gehe ich zur Wohnungstür, versteckt sich Mike hinter Sofakissen. Er will nicht mehr raus. Dort trifft man auch kaum noch Hundedamen. Und wenn, dann schnüffeln sie nicht, sie treiben von Pfütze zu Pfütze an einem vorbei.

Lieber Petrus, wir schreiben den 15. März 2010. Ist Frühling. Eigentlich. In Deutschland gibt es vier Jahreszeiten. Früher. Hast du die Jahreszeiten verlegt, wie ältere Menschen hin und wieder ihre Brille verlegen und nach zwei Stunden feststellen: Sie sitzt auf der Nase?

Sollen wir uns einen jüngeren Wettergott suchen, der sich noch auskennt mit Winter (Schnee, Frost), Frühling (Blumen, Sonne), Sommer (Strand, Schweiß auf der Stirn) und Herbst (Bunte Blätter, Ernte)? Oder müssen wir wie 1985 die "Bild"-Zeitung einschalten, damit du per Schlagzeile "Petrus spinnt" daran erinnert wirst, was ein Wettergott zu tun und was er zu lassen hat?

Wenn wir dir einen Klempner schicken sollen, damit der den Wasserhahn repariert, dann sag Bescheid. Aber schnell.

Donnerstag, 11. März 2010

Anjas Erste Property

10. März 2010
Hausverwaltung mit größeren Mängeln

Anjas Erste Property mit Sitz in Frankfurt kauft Häuser in Deutschland, verwaltet werden sie von Treureal mit Sitz in Mannheim. Die Klagen über diesen Verwalter häufen sich, angestimmt wird von Mieterinnen und Mietern so manches Klagelied über beharrliches Schweigen, wenn Mängel angezeigt werden, und über fehlerhafte Abrechnungen.

Tolldreistes geschieht auch nach einem Hauskauf am 1. April 2007. Die Mieterinnen und Mieter eines Mehrfamilienhauses in Wilhelmshaven bekommen an diesem Tag von dem bisherigen Eigentümer eine Mitteilung über den Verkauf. Wochenlang wird gerätselt: Wer ist der neue Eigentümer? Das erfahren die Mieterinnen und Mieter am 15. Mai 2007. Die Hälfte hat zwei Schreiben im Briefkasten: eins zum neuen Eigentümer, eins als fristlose Kündigung wegen angeblicher Mietrückstände. Sofort wird Protest angemeldet: "Wir haben die Miete für April und Mai an den alten Eigentümer überwiesen, weil wir den neuen noch nicht gekannt haben."

Zu den fristlos Gekündigten gehört Hans M. (Name geändert) Ein  paar Tage später wird die fristlose Kündigung wieder zurückgenommen. Schon beim alten Eigentümer hat Hans M. mit dessen Einwilligung die Miete gekürzt, weil Mängel in der Wohnung nicht behoben werden, Mietkürzungen nimmt er nach entsprechender Nachricht an Treureal weiter vor. Über zweieinhalb Jahre wird dazu geschwiegen.

Jetzt bekommt Hans M. die zweite fristlose Kündigung. Angeblicher Mietrückstand: über 3000 Euro. Sofort rechnet er Treureal vor, dass diese Summe nicht stimmen kann, denn: Wenn der Mietrückstand mit der Mietkürzung begründet werde, gebe er erst einmal zu bedenken, dass er im Januar 2009 von Treureal die freudige Nachricht erhalten habe: In diesem Monat müssen Sie nur 35 Euro zahlen, weil ein Guthaben existiert. Rechne er ab Februar 2009 komme er auf  13 Monate, die seither vergangen sind. 92,50 Euro monatliche Mietkürzung mal 13 mache 1202,50 Euro.

Darauf reagiert Treureal weder telefonisch noch schriftlich. Bis das geschieht, kann durchaus wieder ein Jahr vergehen, wie bei einer Nebenkostenabrechnung mit einer Nachzahlungsforderung. Die begleicht Hans M. am 12. Dezember 2007. Ein Jahr später behauptet Treureal, das Geld nicht bekommen zu haben. Auf einen entsprechenden Widerspruch reagiert der Verwalter wiederum ein Jahr später mit der Behauptung, die Forderung bestehe weiter. Da hilft auch keine Kopie des Kontoauszugs...

11. März 2010
Protokoll einer Wohnungsübergabe

11. März 2010, 8.30 Uhr, Hans M. soll seine Wohnung übergeben, dazu ist er per fristloser Kündigung aufgefordert worden. Dagegen legte er Widerspruch ein, darauf bekam er von Treureal aus Hamburg keine Antwort.

8.25 Uhr: Hans M. geht auf Beobachtunsposten, hat seine Wohnung und den Parkplatz vor dem Haus im Blick. Dort steht ein blaues Fahrzeug mit Mannheimer Kennzeichen, auf der Fahrer-  und auf der Beifahrertür steht "Treureal". Eine Frau und ein Mann stehen hinter dem Fahrzeug, unterhalten sich, gehen rechts vom Haus auf und ab.

8.35 Uhr: Hans M. verlässt seinen Beobachtungsposten, geht in seine Wohnung, frühstückt.

9.00 Uhr: Hans M. verlässt das Haus, das blaue "Treureal"-Fahrzeug steht immer noch auf dem Parkplatz, die Frau und der Mann sitzen im Auto, rühren sich nicht. Hans M. radelt los.

10 Uhr, Hans M. kehrt zurück, das "Treureal"-Auto ist verschwunden. Er öffnet seinen Briefkasten, denkt: "Vielleicht haben die mir einen Brief hinterlassen, in dem sie auf meinen Widerspruch reagieren und mitteilen, wann die Mängel in meiner Wohnung beseitigt werden." Der Briefkasten von Hans M. ist leer.