Mittwoch, 27. April 2011

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27. April 2011
Mit Sackgassen

Auch die Ermutiger brauchen Ermutigung. Ist ein Satz von Wolf Biermann, der andererseits auch davor gewarnt hat, Missstände in dem einen Land mit noch größeren Missständen in einem anderen Land wuppen zu wollen. Als er diesen Wettbewerb von Linken aus der Bundesrepublik Deutschland mit Linken aus der DDR auf die Schippe nahm, gab es das Internet noch nicht, sonst hätte sich Wolf Biermann wahrscheinlich mit weiteren Sackgassen beschäftigt.

Mit Sackgassen bei Facebook beispielsweise. Hat man sich dort angemeldet, wird man zu Diskussionen eingeladen, die nichts bringen. Weil nicht einmal die Prämissen stimmen.

Prämisse 1: Jugendämter sind eine Erfindung der Nationalsozialisten, diese Behörden gibt es auch in der Bundesrepublik Deutschland. Also ist alles so schlimm wie bei Hitler. Oder sogar noch schlimmer.

Einmal abgesehen davon, dass sich jeder Vergleich der Bundesrepublik Deutschland mit Nazi-Deutschland angesichts der unfassbaren Verbrechen der Faschisten verbietet - die Jugendämter sind keinesfalls eine Erfindung der NSDAP. Vorläufer gab es bereits in der Weimarer Republik.

Bei Facebook kann man das 1 000 Mal wiederholen, es bringt nichts. Führt allenfalls zu Beschimpfungen.

Prämisse 2: Die Bundesrepublik Deutschland soll germanisiert werden. Ist also jemand mit Geburtsort im Ausland mit jemandem mit Geburtsort im Inland zusammen und geht aus dieser Partnerschaft ein Kind hervor, lauert das Jugendamt so lange an jeder Ecke, bis diese Partnerschaft nicht mehr funktioniert. Dann kommt das Kind zum deutschen Elternteil.

Als Paradebeispiel dafür angeführt wird gern der "Fall Colombo". Die Kinder leben beim Vater in München, dann kommt sie und entführt die gemeinsamen Söhne nach Italien, versteckt sie. Damit ist weder ein italienisches noch ein deutsches Gericht einverstanden. Weil auch Richter in Mailand Deutschland germanisieren wollen? Und prächtig mit Richtern aus München zusammenarbeiten, um dieses Ziel zu erreichen? Da fehlt doch nur noch der Hinweis, dass Benito Mussolini und Adolf Hitler Verbündete gewesen sind.

Noch schlimmer ist: Einige gehen solchen Leuten auf den Leim, lassen sich vor die Kamera schleppen und erscheinen dann mit ihren Geschichten bei Youtube. Der Leim, auf den sie gegangen sind, heißt: Jugendämter müssen verboten werden. Dafür lassen sie sich instrumentalisieren - und schon spielen diese Leute auf einem anderen Instrument. Wichtig ist nur: Der Text muss sich auf "Die Jugendämter müssen verboten werden" reimen.

Bleibt die Frage: Und wer soll die Jugendämter ersetzen? Dass es Jugendamtsmitarbeiter gibt, die unter Fantasielosigkeit leiden, ist schlimm genug, dass Kritiker die gleiche Krankheit haben, könnte darauf hindeuten, dass diese Krankheit ansteckend ist.

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