Donnerstag, 27. Januar 2011

Der vergessene Patient

27. Januar 2011
Was ist denn das für eine Reha-Klinik?

Ob er wirklich 100 000 Euro Schmerzensgeld bekommt, ist noch fraglich. Aber immerhin ist die zweite Zivilkammer (Arzthaftungskammer) des Osnabrücker Landgerichtes in einem Grundurteil sicher, dass ein Patient in einer Reha-Klinik nicht 14 Stunden lang vergessen werden darf (Az. 2 O 2278/08). So was verstoße gegen die Sorgfaltspflicht. Geklagt hat ein 67-Jähriger.

Was ist denn das für eine Klinik? Ein Patient erscheint am 17. Dezember 2007 nicht zum Frühstück, auch beim Mittag-  und beim Abendessen bleibt sein Stuhl am Tisch frei. Sonst ist er immer da gewesen. Zur Therapie geht er ebenfalls nicht.

Erst in den Abendstunden betritt jemand das Einzelzimmer des 67-Jährigen. Der hat um 7 Uhr morgens einen Schlaganfall erlitten. Und hat jetzt dem Grunde nach einen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadenersatz.

In diesem Grundurteil steht auch, dass eine Reha-Klinik eine "besondere Verantwortung für ihre nicht vollständig gesunden Patienten hat, weil jederzeit ernsthafte gesundheitliche Probleme auftreten können".

Klingt ziemlich geschraubt, weil man von jedem Krankenhaus erwarten sollte, dass man sich dort um die Patientinnen und Patienten kümmert.   

Und nun beginnt das Gefeilsche um die Summe? Auf jeden Fall will die Arzthaftungskammer erst einmal ein Gutachten einholen, bevor eine Entscheidung darüber fällt, wieviel Geld der 67-Jährige bekommt. Festgestellt werden soll, wie sich die Vergesslichkeit der Reha-Klinik auf die Folgen des Schlaganfalls ausgewirkt hat.

Vielleicht hat die Klinik Glück - und zwar dies: Der 67-Jährige muss noch einmal in dieses Krankenhaus. Dann könnte man ihn dort doch Kosten sparend einfach nicht nur 14 Stunden vergessen, sondern ein paar Tage...Vielleicht hat der Sensemann ein besseres Gedächtnis als das Klinikpersonal.

Was ist ein Grundurteil?
Ein Gericht kann ein Grundurteil erlassen, wenn der Anspruch dem Grunde und der Höhe nach streitig ist und der Streit über den Grund entscheidungsreif ist, § 304 Zivilprozessordnung. Dies vereinfacht den Prozess, weil der Beklagte mit der Berufung beim Oberlandesgericht Oldenburg dieses Grundurteil auf seine Richtigkeit überprüfen lassen kann.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen