Dienstag, 29. Dezember 2009

Der Dinosaurier

29. Dezember 2009
Ifo-Präsident bekommt peinliche Auszeichnung

Sie ist aus Zinn gegossen, wiegt 2,6 Kilogramm und stellt eine Riesenechse dar, die wohl kaum auf dem Schreibtisch des Ifo-Präsidenten Hans-Werner Sinn einen Ehrenplatz bekommen, sondern eher ein Schattendasein fristen wird. Denn: Diese Auszeichnung ist peinlich. Verliehen wird sie jedes Jahr vom Naturschutzbund (NABU) an eine Persönlichkeit, die nach Auffassung dieser Organisation dem Umweltschutz schadet. Der Name dieses Preises: „Dinosaurier des Jahres 2009“.

NABU-Präsident Olaf Tschimpke begründet die Wahl so: „Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise ist auch Hans-Werner Sinn zurückgekommen. Seitdem verbreitet er hemmungslos seine veralteten Theorien vom alles regulierenden Markt und lässt kaum eine Gelegenheit aus, die moderne Umweltpolitik in der Öffentlichkeit zu
attackieren.“

Bei diesen Attacken erweise sich Sinn als „Dampfplauderer mit egoistischem Sendungsbewusstsein“, der in seinen Büchern, in Artikeln und bei öffentlichen Auftritten Umweltschützer als „grüne Ideologen“ bezeichne. Windräder und Sonnenenergie lehne er ab, statt dessen plädiere er für die „Risiko- und Steinzeittechnologie Atomkraft“.

„Wohin der von Hans-Werner Sinn propagierte Marktradikalismus geführt
hat, haben wir gesehen: geradewegs in die organisierte
Verantwortungslosigkeit in einer globalisierten Finanzwirtschaft“, so
Tschimpke. Die Folgen seien bekannt: „Hunderte Milliarden an Staatshilfen und Millionen von Menschen finanziell ruiniert“.

Hans-Werner Sinn verkenne zudem die wirtschaftspolitische Bedeutung von Zukunftstechnologien, „mit denen innerhalb weniger Jahre allein in Deutschland rund 300 000 neue Jobs geschaffen worden sind“.

Dienstag, 22. Dezember 2009

Professor hält mich für einen selbst ernannten "Redakteur"

22. Dezember 2009
Unterlassungserklärung Nummer 2


Nach einer Klageandrohung vom 28. Mai 2009 und einer Unterlassungserklärung hat mich nun per mail-Anhang die zweite Unterlassungserklärung ereilt. Darin lässt Professor Dr. phil. Ruthard Stachowske als Leiter der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch über seinen Anwalt behaupten, er habe ein Verbot erwirkt. Das ist mir neu. Außerdem geht dieser Jurist davon aus, dass ich solche Schreiben schon gar nicht mehr lese. Ist etwas Wahres dran: Ich überfliege sie nur noch.

Eine Passage ist mir aber geradezu in mein Energiefeld gesprungen: Dort steht, ich sei ein selbst ernannter "Redakteur". Nun kann man nicht von jedem Anwalt und von jedem Philosophen erwarten, dass sie wissen, was ein Redakteur ist, aber ich probiere es trotzdem einmal - und zwar so einfach wie möglich.

Bei einem Fachzeitschriftenverlag in Isernhagen bei Hannover, bei einer Lokalzeitung und bei einer Hamburger Nachrichtenagentur habe ich vom 1. Oktober 1979 bis zum 31. Dezember 1980 ein Volontariat gemacht. In dieser Zeit besuchte ich auch ein sechswöchiges Seminar an der Hamburger Akademie für Publizistik mit namhaften Referenten.

Anschließend wurde ich von dem Fachzeitschriftenverlag als Redakteur übernommen, neun Monate später war ich Chefredakteur. Nebenbei arbeitete ich weiter für die Hamburger Nachrichtenagentur. 1984 und 1985 wechselte ich zu einer Lokalzeitung, war dort Lokalchef und stellvertretender Chef vom Dienst. Weitere Stationen: freier Mitarbeiter bei "Bild" Hannover und verantwortlicher Redakteur von Wochenzeitungen in Burgdorf bei Hannover und in Wilhelmshaven.

Ist das genug Redakteur - oder darf es noch ein bisschen mehr sein?

Weitere Informationen

Samstag, 19. Dezember 2009

Enthüllungsjournalist zum Klimagipfel

19. Dezember 2009
Schnee muss weg - Erderwärmung soll steigen

In Deutschland schneit es. Die Schneemassen wachsen. Darüber freuen sich die Kinder. Sie liefern sich Schneeballschlachten, rodeln Hügel hinunter und bauen Schneemänner. Ältere Menschen dagegen trauen sich nicht mehr aus dem Haus, haben Angst vor Stürzen, plündern ihre Kühlschränke und Kühltruhen. Bald wird die letzte Büchse im Vorratskeller geöffnet sein.

Deshalb hat sich Professor Dr. Werner Winterade aus Holzminden an die Staatsfrauen und Staatsmänner in Kopenhagen gewendet. In einem dramatischen Appell an den Klimagipfel fordert er eine Umkehr bis 2030. Dann - so schreibt der Ökonom - werde es in Deutschland so viele über 60-Jährige geben wie unter 60-Jährige. Schneie es dann im Winter immer noch, könne die Hälfte der Bevölkerung aus Altersgründen nicht mehr einkaufen, während die andere Hälfte der Bevölkerung von 7 bis 22 Uhr Ganztagsschulen besuche oder täglich in vier verschiedenen Betrieben Kurzarbeit mache und deshalb als Einkaufshelferinnen und Einkaufshelfer für Seniorinnen und Senioren ausfalle. Der Professor merkt zwar an, dass der Hungertod von mehreren Millionen Betagter gut sein könne für die Alterspyramide, aber aus humanitären Gründen könne er dem nicht tatenlos zuschauen.

Also fordert Werner Winterade den Abschied von einer Erderwärmung um 2 Grad, angestrebt werden müsse eine Erderwärmung um 5 bis 6 Grad. Dann schneie es nicht mehr. Ältere Menschen müssten auch im Winter vor keinem Einkaufsbummel mehr zurückschrecken.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat diesen Vorschlag sofort energisch zurückgewiesen. Sie erinnerte daran, dass in schneereichen Wintern die Umsätze der Schneeschieber-Industrie steigen. Diese Branche sei eine wichtige Säule des Aufschwungs. Was der Professor aus Holzminden zur Alterspyramide sage, sei zwar zutreffend, aber auch für sie als Christin sei der Hungertod von Seniorinnen und Senioren nicht hinnehmbar. Es müsse also eine andere Lösung gefunden werden, zumal auch sie in 20 Jahren zu den über 60-Jährigen gehöre.

Der Interessenverband deutscher Eiscafés vornehmlich in italienischer Hand warf daraufhin der Bundeskanzlerin wirtschaftlichen Unverstand vor. Die gleiche Meinung vertrat die Getränkeindustrie, die sich von einer Erderwärmung um fünf bis sechs Grad gleichfalls rosige Umsatzzeiten erhofft. Die Schneeschieber-Industrie lud eilends in Leer (Ostfriesland) zu einer Pressekonferenz ein und stellte bei dieser Gelegenheit die neuesten Schneeschieber vor, mit denen die Räumarbeit kinderleicht gemacht werde. Außerdem sei die Produktion dieser Neuheiten völlig schadstofffrei. Sie erfolge in Handarbeit. Verwendet werde - so ein Sprecher - nur deutsches Holz.

Gewerkschafts- und Kirchenvertreter gaben zwischenzeitlich zu bedenken, dass es auch in ihren Organisationen hin und meistens wieder zu atmosphärischen Störungen komme, aber das habe mit CO2 nichts zu tun. Da der Professor aus Holzminden weder Gewerkschaftsmitglied noch getauft sei, werde man zu dem Appell von Werner Winterade keine Stellung beziehen, zumal es wissenschaftlich noch gar nicht erwiesen sei, dass 2030 genau die Hälfte der Bevölkerung über 60 und genau die Hälfte der Bevölkerung unter 60 sei. Abweichungen nach oben oder unten seien sowohl hier als auch dort durchaus möglich. Nicht hingenommen werden könne weder von den Kirchen noch von den Gewerkschaften, dass 2030 eine bislang nicht überschaubar große Zahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern täglich in vier Betrieben Kurzarbeit mache. Drei seien durchaus ausreichend.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen tippte 30 Minuten später in Burgdorf bei Hannover am heimischen Schreibtisch eine Pressemitteilung auf zwei Seiten Papier, in der sie mitteilt, dass sie zumindest sechs Monate im Amt bleibe, bevor sie in das nächste Ministerium wechsele, weil sie sich schon heute kaum noch merken könne, in welches Gebäude sie morgens gehe müsse, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Diese Verweildauer einer Politikerin in einem Ministerium sei mittlerweile zwar nicht mehr selbstverständlich, für selbstverständlich halte sie es aber, dass jeder Vorschlag geprüft werden müsse. Das gelte auch für die Thesen von Professor Dr. Werner Winterade, zumal dieser Wissenschaftler wie auch sie aus Niedersachsen stamme.

Barack Obama erklärte vor seiner Abreise aus Kopenhagen, dass für Angela Merkel trotz der von Deutschland aus entfachten Diskussion gelte müsse: „Yes, we can!“ Aber eben erst later. Dafür soll er im nächsten Jahr von einer internationalen Umweltschutzorganisation eine sehr begehrte Auszeichnung bekommen. Auf diese Mitteilung hat Angela Merkel mit großer Freude reagiert: „Vielleicht ist das der Durchbruch.“ Man sehe sich also 2010 wieder. Bis dahin werde die von ihr geführte Bundesregierung so viele Steuern sparen, dass genügend Geld für jedes Klimaziel vorhanden sei.

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Amazon schreitet ein

16. Dezember 2009
Beleidigungen führen zum Rauswurf

So läuft das immer noch bei Amazon - doch jetzt reagiert der Online-Einzelhändler: Die Nummer 2 in der Rezensentenliste veröffentlicht einen Beitrag über die Kulturzeitschrift „Du“, die von einem Verlag aus der Schweiz herausgegeben wird, und schon beschwert sich eine gewisse „Monique Mirage“, die immer und überall auftaucht, darüber, dass ein „reichlich unbekanntes Produkt“ vorgestellt worden sei. Außerdem sei diese Zeitschrift gar nicht erhältlich.

Darüber wird sich der Verlag sicherlich nicht freuen, der Verleger ist mittlerweile informiert. Denn mit der Behauptung, ein Produkt könne gar nicht gekauft werden, wird der Verkauf nicht gerade gefördert.

Nach einem Schreiben an die Amazon-Rechtsabteilung, in dem auch auf derlei Geschäftsschädigendes hingewiesen wird, hat der Online-Einzelhändler eine mail an die „Top-Rezensenten“ verschickt. Angemahnt wird darin ein „fairer und offener Meinungsaustausch“. Amazon wolle sich zwar „so wenig wie möglich“ einmischen, aber: „Wir möchten unsere ehrlichen Kunden und Rezensenten nicht für die Unaufrichtigkeit einiger weniger Besucher unserer Plattform bestrafen.“ Dem „zwischen einigen Top-Rezensenten“ entfachten Streit werde man künftig begegnen.

Dann wird in der mail Klartext geschrieben: „Wir haben uns daher entschieden, ab sofort jedes Kundenkonto solcher Rezensenten und Forumsteilnehmer zu schließen, die weiterhin in inakzeptabler, verleumderischer oder anderweitig gegen unsere
Teilnahmebedingungen verstoßender Art auf unserer Website kommunizieren.“

Die Folgen: Solche User können bei Amazon nichts mehr verkaufen, dürfen weder rezensieren noch kommentieren, sie verschwinden aus der Top-Rezensentenliste.

Offenbar haben sich auch Mitarbeiter des Online-Einzelhändlers Beschimpfungen am Telefon oder in schriftlicher Form gefallen lassen müssen. Auch solchen Auswüchsen schiebt Amazon einen Riegel vor. Die Konten von Kundinnen und Kunden, die über das Team herfallen, werden ebenfalls dicht gemacht.

Montag, 14. Dezember 2009

Staatsanwalt einschalten?

14. Dezember 2009
Lasset die Rezensenten zu mir kommen?

„Lasset die Rezensenten zu mir kommen und wehret ihrer nicht, denn sie schreiben auch über Bücher, die sie nicht gelesen haben (können).“ Dieses Kunststück bringt bei Amazon nicht nur jemand zustande, der sich „Morgenländer“ nennt und angeblich in Bremen wohnt. Der erfindet einen Professor und schiebt ihm eine Buchempfehlung unter, die ebenfalls frei erfunden ist und mit der einem Schriftsteller geschadet werden soll. Unfug machen können aber auch andere. Zum Beispiel eine gewisse W., die wie eine Besessene in ihren Fantasiebeiträgen den Rezensionsstil einer Frankfurterin kopiert. Diese Frau wohnt angeblich in Remscheid.


Sie führen seit Monaten einen Nervenkrieg gegen die aktuelle Nummer 2 in der Rezensentenliste. Dabei nutzen sie jede Möglichkeit, die dieser Online-Einzelhändler ihnen bietet - sie lassen per Klick Kommentare unsichtbar werden, weil die angeblich nicht zur Diskussion über einen Beitrag der Frankfurterin gehören. Sie bewerten Rezensionen von Helga König schneller als ein Ferrari auf Touren kommt. Sie lauern am Computer auf Stellungnahmen, die ihnen nicht passen. Und fallen über den Kommentator in einer Art und Weise her, dass sich neutrale Beobachter die Augen reiben müssen.

Ein Experte für Cybermobbing sagt dazu: „Was im Internet geschieht, ist manchmal sehr erschreckend. Meistens bleiben solche Leute anonym. Bei Amazon müsste sich aber feststellen lassen, wer sich hinter erfundenen Namen verbirgt. Schließlich muss man ein Buch bestellen, bevor man an der Community teilnehmen darf.“

W. verteilt sogar in ihrem Profil Seitenhiebe auf die Nummer 2: „Ich habe keine Lust, mich kritisch mit etwas auseinanderzusetzen oder gar Rezensionen abzuliefern, bei denen ich denken muss.“

Einer Studie zufolge sind Kundenurteile wichtig für Kaufentscheidungen im Internet. Helga König hat sich vorgenommen, nur Produkte vorzustellen, die ihr gefallen. Das gefällt „Morgenländer“, das gefällt W. und das gefällt anderen nicht. Sie machen so lange alles von der Frankfurterin Geschriebene nieder, bis mindestens die Hälfte der Kommentare zu ihren Beiträgen wieder verschwunden ist.

Das sieht dann so aus:

Laasiram meint: Die meisten Kunden meinen, dass der Beitrag nicht zur Diskussion gehört.

@Laasiram
Schade, ich dachte doch, das Sie als Studentin wissen was ich mit meinen Kommentaren meinte. Hier nun die Auflösung - es sind, halten Sie sich fest, die von meiner Person erstellten Niederschriften. Sollte nochwas unklar sein, fragen Sie Ihren Professor.

Lapepe meint: Oh, wie schlagFertig ist meine Liebe.

Der Verkaufs-Sache von Amazon dient derlei Sinnentleertes sicher nicht. Trotzdem schaut der Online-Einzelhändler tatenlos zu und ermuntert auf diese Weise eine Handvoll Blödsinntreibender zu immer neuem Schabernack mit einer Rezensentin, die sie sogar noch morgens um halb vier aufs Korn nehmen. Diese Frage drängt sich geradezu auf: Warum schreitet der Online-Einzelhändler nicht ein? Muss erst ein Staatsanwalt ermitteln?

Sonntag, 13. Dezember 2009

Käufliche Eltern?

13. Dezember 2009
Wieder so ein Spruch von Sigmar Gabriel

Sigmar Gabriel kämpft immer wieder gegen das Vergessenwerden. Deswegen macht er markige Sprüche. Seinerzeit im niedersächsischen Landtag, bis Sozialdemokraten geglaubt haben, zu ihnen spreche ein Hoffnungsträger. Diese Hoffnung trog jederzeit und in jedem Amt. Schröder-Land war laut „Stern“ zwar bereits abgebrannt, als Glogowski gehen musste und Gabriel kommen durfte, aber es wuchs kein neues Leben aus den Ruinen, sondern 2003 eine Wahlniederlage.

Also wurde der 50-Jährige Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, was den meisten erst auffiel, als sich die Wahlperiode und somit die SPD-Regierungsbeteiligung dem Ende zuneigte, denn nun meldete sich der in Goslar geborene Lehrer immer häufiger lauthals zu Wort. Try to remember of Gabriel in september.

Dieser Politiker ist so rund, der rollt sich einmal ab und steht dann wieder auf. Sein „new deal“ gilt jetzt für die SPD. Basis stärken, Führung stärken, Partei stärken. Die SPD landet laut Sonntagsfrage bei 24 Prozent. Erreicht also fast das Lebensalter der neuen Ehefrau von Müntefering.

Da sagt sich Sigmar Gabriel: Das kann doch nicht alles gewesen sein und begibt sich zu Studentinnen und Studenten in Berlin. Den mitgereisten Frank-Walter Steinmeier lässt er verbal als Fraktionsvorsitzenden links liegen und stellt diese These auf: Die Bundesregierung will Eltern dafür bezahlen, dass sie ihren Nachwuchs nicht in den Kindergarten schicken.

Schon fallen einem alle Lehrer ein, die man als Schüler nicht gemocht hat, weil sie Zeit zum Nachdenken nicht gewährten. Die hauten auch den Stoff so lange heraus, bis die Pausenklingel erlösend wirkte.

Eltern, die sich nicht so schnell wie möglich von der Erziehung ihres Nachwuchses verabschieden, Käuflichkeit vorzuwerfen, grenzt schon an Verleumdung von Müttern und Vätern, die sich Gedanken darüber machen, ob jeder vorgezeichnete Weg auch der richtige ist. Dieser Spruch von Sigmar Gabriel ist so dumm wie weiland der Satz von Gerhard Schröder: „Lehrer sind faule Säcke“.

Freitag, 11. Dezember 2009

Simmel und Luise Rinser

11. Dezember 2009
Blamiert bis auf die Amazon-Knochen

Schon im Sommer 2007 haben der Musikproduzent Mario Thaler und Per Schönacher aus München die Nase voll gehabt von unqualifizierten Beiträgen auf den Internetseiten des Online-Einzelhändlers Amazon. Nach einer langen Nacht meldeten sie die Domain www.zehnseiten.de an, luden Autorinnen und Autoren zu Lesungen in ihr Studio ein. Die Produktionskosten der Kurzfilme tragen die Verlage. Berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ am 9. Dezember 2009.

Im Sommer 2007 habe ich Amazon noch nicht gekannt, wie unqualifiziert dort gelegentlich diskutiert wird, ist mir seit dem 1. Oktober 2009 allerdings immer klarer geworden. Das Amazon-Prinzip, dass jede Käuferin und jeder Käufer Rezensionen schreiben darf, Beiträge kommentieren kann und Rezensionen plus Kommentare auch noch mit „hilfreich“ oder „nicht hilfreich“ bewerten darf, macht dieses Portal zu einem Tummelfeld anonym Agierender, die sogar noch morgens um halb vier vor dem Computer hocken und wie von Sinnen sind, wenn sie feststellen, dass eine Frankfurterin immer noch als zweitbeste Amazon-Rezensentin gilt.

Eine Frau W. faselt über ihre Menstruation, ein Herr V. P. fiebert dem Feierabend geradezu entgegen, jemand aus Emden nennt sich Dr. T. Beuthel und hat wohl kaum noch Zeit, Tee zu trinken. Nicht nur unqualifiziert, sondern auch rücksichtslos wird auf der Frankfurterin herumgehackt. Kaum erscheint ein Beitrag von ihr bei Amazon, geht das Geplapper los. Solidarisiert sich jemand mit Helga König, wird er ebenfalls aufs Korn genommen. So auch mir geschehen, doch: Irgendwann blamieren sich solche Zeitgenossinnen und Zeitgenossen bis auf die Amazon-Knochen. Man muss nur einen Köder auslegen.

Ausgelegt worden ist er am Abend des 10. Dezember 2009. Unter dem Namen „Elisa Lautenschlager“ veröffentlichte ich bei Amazon eine Rezension meiner Broschüre „Ein Buch Buntes“. Elisa gehört schon seit geraumer Zeit zu den Feindbildern der König-Gegner, sie ist mit diesem Test einverstanden gewesen. So fand eine Besprechung den Amazon-Weg zur Veröffentlichung, die ich aus in Zeitungen erschienenen Kritiken oder aus privaten Briefen zusammengeschrieben habe. Diese Meinungsäußerungen stammen allesamt von Profis.

Dazu gehörten auch Johannes Mario Simmel, den ich mehrfach interviewt habe und der alle meine Bücher las und gut fand, und Luise Rinser, die ich vor über 20 Jahren so an den Telefonapparat bekam: Nach mehreren Versuchen hatte ich endlich eine Verbindung mit Michael Ende in Italien, er beantwortete meine Fragen und wollte wissen, für wen ich schreibe. Das war seinerzeit eine Hamburger Nachrichtenagentur. Als ich Michael Ende erzählte, dass ich auch noch Luise Rinser an die Strippe bekommen müsse, antwortete dieser Bestsellerautor: „Sie wohnt bei mir in der Nähe.“
Er gab mir ihre Telefonnummer.

Wenige Stunden nach dem Erscheinen bei Amazon ist die „Ein-Buch-Buntes“-Rezension bereits 17 Mal als „nicht hilfreich“ eingestuft worden, außerdem gibt es vier Kommentare. Die stammen zweimal von einem gewissen „Buchling“, der als Profilbild die Aufnahme von Eisbären verwendet, von einem Züricher, der sich darüber beklagt, dass auch er sich mit negativen Bewertungen seiner Beiträge herumschlagen müsse und von jenem Dr. T. Beuthel aus Emden.

Der schreibt: „Liebe Frau Lautenschlager, zum wiederholten Mal fallen Sie mir hier bei Amazon auf und zum wiederholten Mal als sehr negativ. Sind Sie die Pressesprecherin (beim scheinbar unaufhaltsamen Erfolg und dem Zuspruch solch prominenter ´Kollegen´ ist die Installation einer solchen Hilfskraft für den Autor unabdingbar) des Autors? Ein wenig mehr Distanz zum rezensierten Produkt hilft der Glaubwürdigkeit. So erkenne sogar ich, dass mit dieser Rezension etwas nicht stimmt. Gerne würde ich die von Ihnen zitierten Schriftsteller mit den ihnen von Ihnen zugeschriebenen Aussagen über den Autor konfrontieren. Es würde mich nicht wundern, erhielte ich als Antwort: ´Tjaden, wer?´“

Was dieser Dr. T. Beuthel offenbar nicht weiß: Die in der Rezension zitierten Schriftsteller kann niemand mehr befragen. Johannes Mario Simmel und Luise Rinser, die meine Bücher gelobt haben, sind tot. Könnte man wissen. Simmel ist einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftsteller gewesen, Luise Rinser wurde 1984 von den Grünen sogar als Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen.

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Wenn ja - wie viele?

8. Dezember 2009
Amazon-Käfig voller Narren

„Wer bin ich - und wenn ja, wie viele?“ steht in der aktuellen „Spiegel“-Bestsellerliste auf Platz 6 der Sachbücher. Bei Amazon gibt es 152 Rezensionen, die meisten sind positiv. Die philosophische Reise mit Richard David Precht hat sich gelohnt, finden sie und empfehlen das Buch weiter. Wenige äußern sich negativ, vertreten aber auch ihren Standpunkt. Das ist spannend, regt zum Lesen an.


Wird bei Amazon aber immer seltener. Ein Rezensent beklagt sich in seinem Profil: „Ich bedauere sehr, auf eine Rangliste gesetzt zu sein, deren Berechtigung so offensichtlich gar nicht gegeben ist, die dazu führt, dass Menschen sich, teilweise im Schutze der Anonymität, von ihrer schlechtesten Seite zeigen und die natürlich die Bedeutung eines Rezensions- und Diskussionsforums herabsetzen.“

Auf dem „Rezensenten-Olymp“ sitzt seit Jahren ein Schweizer. Eine Zeitung aus Deutschland und eine Zeitung aus der Schweiz haben über ihn berichtet. Doch: Seit Monaten drängt eine Frankfurterin nach oben, belegt Platz 3 und jetzt Platz 2. Diese Rezensentin traut sich kaum noch an den PC. Kaum hat sie einen Beitrag ins Netz gesetzt, hagelt es hämische Kommentare und negative Bewertungen.

Amazon verkommt zu einem verbalen Schlachtfeld, das immer größer wird und sich längst schon nicht mehr auf die virtuelle Welt beschränkt. Autoren bekommen Drohanrufe, werden beschimpft und mit Verdächtigungen überhäuft, wenn sie die Frage stellen: „Wer seid Ihr - und wenn ja, wie viele?“ Insider schätzen: ein halbes Dutzend, die sich Gerüchten zufolge in einem anderen Forum zu gemeinsamem Tun verabreden.

Entsprechende Anfragen beantwortet Amazon nicht. Das seien interne Dinge, heißt es. Die sich auch so gestalten: Solidarisiert sich jemand mit der Nummer 2, wird er ebenfalls aufs Korn genommen und verächtlich gemacht. Wehrt sich der Betroffene, verschwinden seine Stellungnahmen in Nullkommanix. Wer diese Beiträge löscht oder löschen lässt, bleibt ebenfalls ein Geheimnis von Amazon.

Vor was eigentlich soll die Nummer 1 in der Rezensentenliste geschützt werden? Und warum schützt Amazon Rezensentinnen und Rezensenten, die kostenlos Beiträge schreiben und so zur Attraktivität des Portals beitragen, nicht vor Angriffen, die schon lange nicht mehr nur grotesk wirken. Warum werden Kommentare nicht moderiert, warum wird keine Stellung genommen zu diesem Geschehen, das man so betiteln könnte: „Ein Käfig voller Narren.“

Auch von Amazon veröffentlicht - hier

Zum Kaufverhalten im Internet

10. Dezember 2009
Unqualifiziertes Geplapper bei Amazon

Die langjährigen Freunde, die von Berufs wegen gar nichts mit Literatur zu tun haben, hatten einfach etwas gegen die Leser-Kommentare, die bei Amazon zum Kauf von Büchern verführen sollen. Es müsse doch möglich sein, fanden sie, etwas über Autor und Buchinhalt zu erfahren, ohne sich dabei durch das zum Teil unqualifizierte Geplapper Übereifriger quälen zu müssen.

München extra, 9. Dezember 2009

Freitag, 4. Dezember 2009

Holt mich hier raus

4. Dezember 2009
An Tagen wie diesen

„Ich bin Deutscher. Holt mich hier raus!“ Dann müsste man auch nicht mehr Meldungen wie diese lesen. In München wartet ein Vater neun Monate lang auf eine gerichtliche Entscheidung. Schließlich hat er den Termin, lehnt aber die Richterin wegen Befangenheit ab. Bis zur Entscheidung über diesen Antrag dauert es wieder neun Monate? Keineswegs. Die abgelehnte Richterin antwortet in Nullkommanix. Geht doch. Man muss die Justiz nur für unabhängig halten.


Im Rheinland arbeitet ein Mittvierziger für eine Drogenklinik. Seit zwei Jahren. Den Doktortitel will er in Nürnberg erworben haben. Dieser Schwindel fliegt nach einer Polizeikontrolle auf. Dieser Mitarbeiter der Drogenklinik ist vorbestraft, keineswegs Doktor und Psychotherapeut, sondern Goldschmied. Geht doch. Man muss auf dem Arbeitsmarkt nur flexibel sein.

In Straßburg wird die Bundesrepublik Deutschland wieder einmal wegen Missachtung von Menschenrechten verurteilt. Darüber freuen sich viele ledige Väter, die bislang vergeblich darum gekämpft haben, ihre Kinder sehen zu dürfen. Schon vor neun Jahren hat ein Jurist prophezeit, dass es so kommen werde. Seine These: In Deutschland kämpft man vergeblich um das, was deutsche Jugendämter Kindeswohl nennen. Dazu muss man erst ein europäisches Gericht einschalten. Geht doch. Man muss nur warten können, bis die Tochter fast erwachsen ist und wahrscheinlich keinen großen Bock mehr auf Treffen mit ihrem Vater hat.

In einer niedersächsischen Kleinstadt schwingt sich ein fast 70-Jähriger im Stadtrat zum Haushaltsexperten auf. Den Bürgermeister warnt er vor wachsenden Schuldenbergen. Wie man die zumindest privat abträgt, davon versteht er etwas. Geht doch - und zwar so: Seine Hausbank schreibt einen sechsstelligen Kredit ab, das Finanzamt wartet auf sein Geld, bis ein Pfändungsbeschluss Erfolg verspricht. So bringt man jeden Haushalt in Ordnung.

Beim am Montag beginnenden Klimagipfel will Angela Merkel nicht weiter Vorreiterin spielen. Das schwäche nur die eigene Position. Sie muss es wissen. Auch in der DDR ist sie immer nur hinterher geritten, bis das System zusammenbrach. Geht doch: Flugs einer Bewegung angehören, das „Mädel“ des Bundeskanzlers werden und 20 Jahre später alle loben, die mehr Zivilcourage gehabt haben als man selbst.

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Wie bei Amazon...

3. Dezember 2009
...eine Rezension entsteht

Immer wieder, manchmal aber auch nur gelegentlich werde ich gefragt, ob ich denke, wenn ich für Amazon Rezensionen schreibe, als sei nicht jedem das Wort bekannt: „Ich denke, also bin ich…“ jemand, der Beiträge verfasst, die nichts mit dem Denken zu tun haben.


Zu tun haben sie - die Rezensionen - damit: Seit 1985 habe ich um die 30 Romane, Erzählungen und Sachbücher geschrieben, die ich des frühen Morgens zur Hand nehme. Da bislang niemand eines meiner Bücher gekauft hat, sind genügend davon vorhanden. Ebenso eine Schere, mit der ich aus meinen immer noch nicht beachteten Werken Buchstaben und Wörter herausschneide. Die kommen in eine Lostrommel. Dann schreite ich zur Ziehung und gebe das Resultat in ein Word-Dokument ein. Sogleich schlägt mir das Rechtschreibprogramm statt des Sinnlosen aus der Trommel Sinnvolles vor. Schnell wird beispielsweise aus ntrevaue Vertrauen und so weiter und so weiter

Sobald der Text fertig ist, schicke ich diesen an Amazon. Dort sucht man ein Buch heraus, das am besten zu meiner Rezension passt. Fertig ist die Veröffentlichung. Unverzüglich gelesen wird sie von allen, die mit der Frage schwanger gehen, ob ich beim Schreiben denke. Ich wiederhole: Das tue ich nicht.

Etwa zwei, drei Tage später lese ich meinen Text, gefällt mir meine eigene Rezension, kaufe ich das Buch dazu und vertiefe mich darin. Andere machen es umgekehrt. Dieser Text passt laut Amazon am besten zu dem Zippert-Buch. Deswegen steht er hier. Wie täglich dessen Wort- und Satzspiele, die auf ähnliche Weise entstehen, auf Seite 1 links oben in der „Welt“. Das ist eine Tageszeitung, die wiederum aus Wortschnipseln der „Süddeutschen“, der „Frankfurter Rundschau“ und - man lese und staune - der „taz“ hergestellt wird. Das auch noch alle 24 Stunden.

Fachleute nennen das Rotation - wie mir Amazon versichert hat, dass diese Rezension auch zu meinem Werk „Ein Buch Buntes“ passen könnte. Das sei ebenso sinnlos - und bringe so manchen ins Rotieren.