Montag, 14. Dezember 2009

Staatsanwalt einschalten?

14. Dezember 2009
Lasset die Rezensenten zu mir kommen?

„Lasset die Rezensenten zu mir kommen und wehret ihrer nicht, denn sie schreiben auch über Bücher, die sie nicht gelesen haben (können).“ Dieses Kunststück bringt bei Amazon nicht nur jemand zustande, der sich „Morgenländer“ nennt und angeblich in Bremen wohnt. Der erfindet einen Professor und schiebt ihm eine Buchempfehlung unter, die ebenfalls frei erfunden ist und mit der einem Schriftsteller geschadet werden soll. Unfug machen können aber auch andere. Zum Beispiel eine gewisse W., die wie eine Besessene in ihren Fantasiebeiträgen den Rezensionsstil einer Frankfurterin kopiert. Diese Frau wohnt angeblich in Remscheid.


Sie führen seit Monaten einen Nervenkrieg gegen die aktuelle Nummer 2 in der Rezensentenliste. Dabei nutzen sie jede Möglichkeit, die dieser Online-Einzelhändler ihnen bietet - sie lassen per Klick Kommentare unsichtbar werden, weil die angeblich nicht zur Diskussion über einen Beitrag der Frankfurterin gehören. Sie bewerten Rezensionen von Helga König schneller als ein Ferrari auf Touren kommt. Sie lauern am Computer auf Stellungnahmen, die ihnen nicht passen. Und fallen über den Kommentator in einer Art und Weise her, dass sich neutrale Beobachter die Augen reiben müssen.

Ein Experte für Cybermobbing sagt dazu: „Was im Internet geschieht, ist manchmal sehr erschreckend. Meistens bleiben solche Leute anonym. Bei Amazon müsste sich aber feststellen lassen, wer sich hinter erfundenen Namen verbirgt. Schließlich muss man ein Buch bestellen, bevor man an der Community teilnehmen darf.“

W. verteilt sogar in ihrem Profil Seitenhiebe auf die Nummer 2: „Ich habe keine Lust, mich kritisch mit etwas auseinanderzusetzen oder gar Rezensionen abzuliefern, bei denen ich denken muss.“

Einer Studie zufolge sind Kundenurteile wichtig für Kaufentscheidungen im Internet. Helga König hat sich vorgenommen, nur Produkte vorzustellen, die ihr gefallen. Das gefällt „Morgenländer“, das gefällt W. und das gefällt anderen nicht. Sie machen so lange alles von der Frankfurterin Geschriebene nieder, bis mindestens die Hälfte der Kommentare zu ihren Beiträgen wieder verschwunden ist.

Das sieht dann so aus:

Laasiram meint: Die meisten Kunden meinen, dass der Beitrag nicht zur Diskussion gehört.

@Laasiram
Schade, ich dachte doch, das Sie als Studentin wissen was ich mit meinen Kommentaren meinte. Hier nun die Auflösung - es sind, halten Sie sich fest, die von meiner Person erstellten Niederschriften. Sollte nochwas unklar sein, fragen Sie Ihren Professor.

Lapepe meint: Oh, wie schlagFertig ist meine Liebe.

Der Verkaufs-Sache von Amazon dient derlei Sinnentleertes sicher nicht. Trotzdem schaut der Online-Einzelhändler tatenlos zu und ermuntert auf diese Weise eine Handvoll Blödsinntreibender zu immer neuem Schabernack mit einer Rezensentin, die sie sogar noch morgens um halb vier aufs Korn nehmen. Diese Frage drängt sich geradezu auf: Warum schreitet der Online-Einzelhändler nicht ein? Muss erst ein Staatsanwalt ermitteln?

5 Kommentare:

  1. Interessant ist auch, dass heute "Seniorzocker", der Pate hinter allem, wieder gehetzt und zu weiterem Tun aufgerufen hat. Hier findet die größte Hexenjagd seit dem Mittelalter statt. Calvin hätte seine Freude an dem Ganzen.

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  2. Sehr geehrter Herr Tjaden,

    ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu: es ist unglaublich, was sich einige im Schutz der Anonymität bei Amazon erlauben zu können meinen. Dankenswerterweise haben Sie die inkriminierte “Rezension” verlinkt, so dass sich ein jeder sein eigenes Urteil bilden kann. Offenbar ist die Staatsanwaltschaft ja nun doch schon eingeschritten und hat eine Hausdurchsuchung bei “Morgenländer” durchgeführt – allein das gewählte Pseudonym lässt auf finsterste Motive schließen-, sonst wüssten Sie ja nicht, dass dieser Herr Ihr Buch gar nicht gelesen hat. Oder handelte es sich um eine limitierte Edition, so dass Sie jeden Käufer namentlich kennen? Sei dem wie dem ist, ich kann nur hoffen, dass man diesen (islamistischen?) Machenschaften auf den Grund gehen wird! Sachen gibt es, ts ts ts.

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  3. Ich sichere hier die getürkte Rezension von Morgenländer, bevor die Amazon-Rechtsabteilung aktiv wird:

    12 von 12 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich:
    Stunden ungetrübter Freude, 14. Dezember 2009
    Von Morgenländer (Bremen) - Alle meine Rezensionen ansehen


    "Ein Buch Buntes" ist ein höchst geglücktes, tief- und vielsinniges Werk, das dem Leser immer neue unerwartete Bedeutungseffekte offeriert.
    Ich erhielt das Buch im September als Geburtstagsgeschenk meines japanischen Freundes Dr. Onomo Reof Thatshit, der an der Universität Kabale (Uganda) moderne Texthermeneutik lehrt. Lange lag es ungelesen in meinem Arbeitszimmer, bis ich es in einer müßigen Stunde dann doch in die Hand nahm. Nach einer Viertelstunde legte ich es verärgert wieder beiseite und wunderte mich darüber, dass mein Freund meinen konnte, mich mit dem inkohärenten Geschreibsel eines mittelmäßigen Feuilletonisten erfreuen zu können. Wahrscheinlich hatte er es im Dutzend billiger als Remittende erworben. Als Dr. Thatshit mich dann am vergangenen Wochenende besuchte, äußerte ich mein Missfallen an "Ein Buch Buntes" in deutlichen Worten. Dr. Thatshit lächelte fein und sagte, von mir als Borges-Leser und Hobby-Kryptologen habe er ein anderes Urteil erwartet. Ich sah meinen Freund ungläubig an, doch er nickte nur ermutigend.
    Mein Ehrgeiz war geweckt. Ich erprobte nacheinander siebenundzwanzig verschiedene hermeneutische Techniken, studierte die christliche, jüdische und arabische Kabbala - vergeblich! Weder gelang es mir, eine Textstruktur, noch einen Sinn im Geschriebenen zu entdecken. Mit meinem Latein am Ende, entschloss ich mich, meinem Freund telefonisch meine Niederlage zu gestehen und ihn um einen weiteren Hinweis zu bitten. Dr. Thatshit erwies sich in diesem Augenblick als wahrer Freund und hauchte "Polyalphabetische Substitution" ins Telefon.
    Dankbar und erwartungsvoll stürzte ich zurück in mein Arbeitszimmer und durchsuchte die Bücherwände, bis ich schließlich "Le Chiffre indéchiffrable"- dieses epochemachende kryptologische Werk von Blaise de Vigenère - in den Händen hielt, das ich zur Tarnung mit dem Schutzumschlag von "Vom Winde verweht" eingeschlagen habe. Und nach siebenundzwanzig Stunden angestrengter Arbeit stand es in erhabener Schönheit vor mir: das Blankvers-Epos "Die Drohnenschlacht", in dem der geniale Autor (hier ist dieses oft missbrauchte Epitheton wirklich angebracht) Elemente der Abenteuer-Erzählung, der philosophischen Allegorie und der zarten Liebesromanze auf das geglückteste verknüpft.
    Fünf Sterne sind für dieses Werk, das mir viele Stunden ungetrübter Freude beschert hat, eine gerade nur angemessene Bewertung.
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    Anmerkungen (10)

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  4. Cudo hatte bis vorgestern noch einen Blog gemeldet mit dem Namen "Morgenländer". Ist inzwischen gelöscht.

    Amazon hat heute blaue Briefe an die Tops verschickt. Per Intervention aus USA wird jetzt hart durchgegriffen und Morgenländer sollte sich schon mal warm anziehen. Die Kindergarten-Spielchen sind vorbei.

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  5. Heute Nachmittag hat Amazon alle Top 100-Rezensenten ermahnt. Wer sich nicht dran hält, fliegt raus...Gut so! Mein Brief an die Rechtsabteilung von Amazon scheint also gewirkt zu haben.

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