Freitag, 4. Dezember 2009

Holt mich hier raus

4. Dezember 2009
An Tagen wie diesen

„Ich bin Deutscher. Holt mich hier raus!“ Dann müsste man auch nicht mehr Meldungen wie diese lesen. In München wartet ein Vater neun Monate lang auf eine gerichtliche Entscheidung. Schließlich hat er den Termin, lehnt aber die Richterin wegen Befangenheit ab. Bis zur Entscheidung über diesen Antrag dauert es wieder neun Monate? Keineswegs. Die abgelehnte Richterin antwortet in Nullkommanix. Geht doch. Man muss die Justiz nur für unabhängig halten.


Im Rheinland arbeitet ein Mittvierziger für eine Drogenklinik. Seit zwei Jahren. Den Doktortitel will er in Nürnberg erworben haben. Dieser Schwindel fliegt nach einer Polizeikontrolle auf. Dieser Mitarbeiter der Drogenklinik ist vorbestraft, keineswegs Doktor und Psychotherapeut, sondern Goldschmied. Geht doch. Man muss auf dem Arbeitsmarkt nur flexibel sein.

In Straßburg wird die Bundesrepublik Deutschland wieder einmal wegen Missachtung von Menschenrechten verurteilt. Darüber freuen sich viele ledige Väter, die bislang vergeblich darum gekämpft haben, ihre Kinder sehen zu dürfen. Schon vor neun Jahren hat ein Jurist prophezeit, dass es so kommen werde. Seine These: In Deutschland kämpft man vergeblich um das, was deutsche Jugendämter Kindeswohl nennen. Dazu muss man erst ein europäisches Gericht einschalten. Geht doch. Man muss nur warten können, bis die Tochter fast erwachsen ist und wahrscheinlich keinen großen Bock mehr auf Treffen mit ihrem Vater hat.

In einer niedersächsischen Kleinstadt schwingt sich ein fast 70-Jähriger im Stadtrat zum Haushaltsexperten auf. Den Bürgermeister warnt er vor wachsenden Schuldenbergen. Wie man die zumindest privat abträgt, davon versteht er etwas. Geht doch - und zwar so: Seine Hausbank schreibt einen sechsstelligen Kredit ab, das Finanzamt wartet auf sein Geld, bis ein Pfändungsbeschluss Erfolg verspricht. So bringt man jeden Haushalt in Ordnung.

Beim am Montag beginnenden Klimagipfel will Angela Merkel nicht weiter Vorreiterin spielen. Das schwäche nur die eigene Position. Sie muss es wissen. Auch in der DDR ist sie immer nur hinterher geritten, bis das System zusammenbrach. Geht doch: Flugs einer Bewegung angehören, das „Mädel“ des Bundeskanzlers werden und 20 Jahre später alle loben, die mehr Zivilcourage gehabt haben als man selbst.

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