Freitag, 1. Januar 2010

Gedenkfeier für KZ-Opfer

1. Januar 2010
Aufregung um Zeugen Jehovas

Für die Zeugen Jehovas steckt der Teufel manchmal sogar im Detail, deswegen feiern sie wegen des heidnischen Ursprungs Ostern und Weihnachten nicht, auch Geburtstagsfeiern lehnen sie ab und verweisen dabei auf die Bibel, in der zwei Feste dieser Art erwähnt werden, doch auf beiden habe ein dunkler Schatten gelegen, nicht einmal zuprosten dürfen sich die Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft, Gedanken sollen sie sich ebenfalls machen, wenn sie von ihrem Chef Weihnachtsgeld bekommen, aber annehmen dürfen sie es, denn diese Zahlung erfolge unabhängig davon, ob man Weihnachten feiere oder nicht.


Wie sich jemand überhaupt in solch einem Dickicht von Bibelsprüchen und deren Auslegung zurechtfinden soll, ohne dabei stets in der Angst zu leben, irgend etwas übersehen zu haben, was den Gott der Zeugen Jehovas zornig macht, kann niemand beantworten - auch die Wachtturmgesellschaft nicht. Ambivalent ist das Verhältnis zum Staat. Zeugen Jehovas gehen nicht zur Wahl, lassen sich nicht wählen, akzeptieren jedoch die Entscheidungen der Regierung, halten jede Regierung für „Gottes Dienerin“, die man in seine Gebete einschließt - „und zwar zu dem Zweck, ´weiterhin ein stilles und ruhiges Leben führen (zu) können in völliger Gottergebenheit und Ernsthaftigkeit´“ (zitiert aus „Bewahrt euch in Gottes Liebe“, 2008, Seite 213).

Dieses Ziel hat diese Glaubensgemeinschaft auch verfolgt, als Hitler an die Macht kam. Die Faschisten sprachen dennoch ein Verbot aus, warfen Zeugen Jehovas in die Gefängnisse, ermordeten sie in Konzentrationslagern. Der Gott der Zeugen Jehovas sah zu, weil diese Regierung ebenfalls „Gottes Dienerin“ gewesen ist? Bei dieser Frage zuckt man zusammen. Doch für diese Glaubensgemeinschaft wäre die logische Antwort: ja. Sie wird aber nirgendwo gegeben. Auch nicht am 27. Januar 2010?

An diesem Tag veranstaltet der Landtag des Landes Baden-Württemberg in Freiburg eine Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus. Auch ein Vertreter der Zeugen Jehovas ist dazu eingeladen worden. Er nahm die Einladung an, wird ein Grußwort sprechen.

Das sorgt für Aufregung, denn in diesem Bundesland kämpfen die Zeugen Jehovas noch um ihre Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechtes. Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke spricht deshalb von einer „unglücklichen“ Planung, Vertreter der CDU, der SPD und der Grünen wiegeln ab. Landtagspräsident Peter Straub (CDU) sagt: „Wir gedenken nicht der Religionsgemeinschaft, sondern der einzelnen verfolgten Menschen.“

Ehemalige und Kritiker der Zeugen Jehovas wollen sich trotzdem nicht beruhigen. Jemand plant eine Mahnwache, ein Enthüllungsjournalist versorgt die Grünen mit Informationsmaterial und weist darauf hin, dass diese Glaubensgemeinschaft sich bei Hitler angebiedert habe.

Das müssen sich aber auch andere vorwerfen lassen, die nach dem Zusammenbruch des Hitlerfaschismus in Sack und Asche gegangen sind wie die evangelische Kirche oder einfach wortlos weitermachten wie die Neuapostolische Kirche. Manchmal ist bei vielen der Glaube wohl nicht einmal stark genug für Widerstand gegen an die Macht gekommene Verbrecher.

Trotzdem sollen die Zeugen Jehovas nicht nur die von ihnen propagierte Sonderrolle spielen, sondern auch bei Gedenkfeiern eine bekommen? Zählt ein Ermordeter aus dieser Glaubensgemeinschaft weniger als jedes andere KZ-Opfer? Muss man wirklich auf vernageltes Sektendenken mit ebenfalls vernageltem Denken reagieren und das Leid dieser Menschen vergessen?

Der Vertreter der Zeugen Jehovas geht zu dieser Gedenkfeier. Er wird die Toten seiner Glaubensgemeinschaft ehren. Dabei stört man nicht.

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