3. Januar 2009
Wie hoch sind diese moralischen Rösser?
Klar ist: Einer Frau sollte man eher einen Kuss stehlen als die Handtasche. Die moralischen Rösser des Kolumnisten Peter Hahne sind jedoch scheinbar so hoch, dass auch diese Art von Diebstahl von ihm noch streng geahndet werden würde, es sei denn, er ereignet sich im Hafen der Ehe mit päpstlichem Segen. Und mit der Zustimmung von Ingrid Schmidt. Wer das ist? Kriegen wir später.
Erst einmal kriegen wir Peter Hahnes heutige Gedanken „Über den Diebstahl als Regelfall und den Anstand als Ausnahme“. Die drehen sich um ein Interview von „Deutschlands oberster Arbeitsrichterin“. Die heißt - siehe oben - Ingrid Schmidt und fragt sich - wie der Kolumnist der „Bild am Sonntag“: „Wie kommt man eigentlich dazu, ungefragt Maultaschen mitzunehmen. Oder eine Klo-Rolle? Oder stapelweise Papier aus dem Büro?“ Das gehört sich doch nicht. Hat schon Peter Hahnes Großmutter gesagt. Und dieser Muster-Enkel hat sich immer daran gehalten?
Wer es glaubt, füttert nicht nur scheinbar hohe moralische Rösser, der wird auch Kolumnist der „Bild am Sonntag“? Oder „Deutschlands oberste Arbeitsrichterin“, die dieses Kompliment verdient: „Eine Richterin, die so klar denkt und redet wie Frau Schmidt, schafft beste Voraussetzungen dafür, dass das Volk die Urteile versteht, die in seinem Namen gefällt werden“?
Wie hoch die moralischen Rösser von Peter Hahne und Ingrid Schmidt tatsächlich sind, kann man vor jedem Arbeitsgericht in Deutschland erfahren. Fast jede Verhandlung endet mit der Bestätigung einer Kündigung. Als Trostpflaster gibt es eine Abfindung, die man als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter schon beim Gütetermin angeboten bekommt und spätestens bei der Hauptverhandlung akzeptieren muss. Niemand muss eine Klo-Rolle, einen Stapel Papier oder Maultaschen gestohlen haben, um festzustellen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Arbeitsgerichten meistens nicht mehr sind als ohnmächtige Abnickerinnen und Abnicker richterlicher Entscheidungen.
Sogar Kündigungen, die mit den Gesetzen nicht in Einklang zu bringen sind, werden irgendwann wirksam gemacht. Beendet ein Chef ein Arbeitsverhältnis per SMS, bekommt sein Anwalt von einem Arbeitsrichter so lange Tipps, bis auch das durchgewinkt werden kann. Erfindet ein Chef Kündigungsgründe, werden diese Erfindungen als „Störung des Vertrauensverhältnisses“ gewertet. Schon ist der Job futsch. Kaum ein Arbeitsrichter gaukelt einem lügenden Boss vor, dass es in Deutschland Kündigungsschutz gibt. Denn: Beide wissen es anders.
Wenn sich Peter Hahne und Ingrid Schmidt schon entrüsten wollen, dann sollten sie sich darüber entrüsten. „Deutschlands oberste Arbeitsrichterin“ könnte sogar handeln. Aber dann müsste sie gegen einen Strom schwimmen, der immer reißender wird. Aber wer wechselt in einem reißenden Strom schon die Rösser? Und wer macht sich schon sonntags wirklich Gedanken? Peter Hahne nie.
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