28. Februar 2010
Etwas Besonderes für ganz Besondere?
Zur Elitenbildung gehört die Legendenbildung - und Peter Hahne ist wohl schon als Kind auf jedes Märchen hereingefallen. Vermutlich deshalb schreibt er in der "Bild am Sonntag" vom 28. Februar 2010: "Dabei hatten wir von unseren Eltern doch früher oft gehört: Nimm dir den oder die zum Vorbild. Gemeint waren meist Vertreter eben jener Elite - Sportler, Unternehmer, Politiker, Künstler oder auch Bischöfe, als man sie noch ´Würdenträger´ nannte." Deren Ruf ist nach Steuersünder-CD, Mietverträgen und Trunkenheitsfahrt erst neuerdings im Eimer?
Dann hat sich meine Großmutter nicht mit Vergangenheit und Gegenwart beschäftigt, sondern mit einer für sie fernen Zukunft, wenn sie sagte: "Es gibt gute Leute, es gibt schlechte Leute. Außerdem gibt es Kaufleute. Vor Letzteren musst du dich in Acht nehmen." Für Peter Hahne dagegen hat es seinerzeit noch "das Beispiel des ´ehrbaren Kaufmanns´" gegeben.
Nicht nur meine Großmutter, auch mein Großvater misstraute bereits vor 60 Jahren diesen so genannten "Eliten". Bevor er sein Radio in Reparatur gab, markierte er alle Röhren, bekam er sein Radio zurück, kontrollierte er alle Röhren und durchschaute auf diese Weise so manchen Betrugsversuch: "Diese Röhre ist nicht neu. Hier ist eine Markierung. Die habe ich gemacht."
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, wusste schon Lenin. Damit hätte auch Margot Käßmann rechnen müssen, als sie sich betrunken hinter das Lenkrad ihres Dienstwagens klemmte. Aber: Wer betrunken ist, wird gelegentlich leichtsinnig. Auch als Landesbischöfin, die in der Nähe des Raschplatzes in Hannover ein paar zuviel genommen hat.
Das mögliche weitere Geschehen: Margot Käßmann blickt auf die Uhr, denkt, es ist Samstag und fast schon 23 Uhr, auf dem Heimweg, der am Rande der Innenstadt entlangführt, sind nur noch wenige Autos unterwegs, weil am Wochenende und zu dieser Zeit niemand mehr zum Rathaus, zum Maschsee oder zu einem Museum unterweg ist, also gehe ich das Risiko ein und morgen steht das Auto vor meiner Tür in der Haarstraße.
Vergessen haben muss sie völlig: Sie hätte auch gleich zum Polizeirevier in Richtung Schützenplatz abbiegen können, wäre auch nicht weiter gewesen als bis zu ihrer Privatwohnung. Wollte sie etwa unterbewusst in die Falle fahren, um so ihr Amt niederlegen zu können nach all dem Wirbel über ihre Afghanistan-Äußerungen?
Als "Würdenträgerin" oder als Mitglied einer "Elite" ist sie an diesem Abend jedenfalls nicht betrunken Auto gefahren, sondern als Frau, deren Verstand benebelt ist. Zu Verstand kam Margot Käßmann wohl erst wieder, als sie in allen Zeitungen stand. Wieder einmal. Als angebliche "Chefin von 25 Millionen Protestanten". Auch so ein Medien-Unsinn. Wer Lutharaner ist, hat weder Chef noch Chefin, der glaubt mal mehr, mal weniger an Gott und nicht daran, dass sein Heil vom Verhalten eines Landesbischofs oder einer Landesbischöfin abhängt.
Wer Elite will, will auch etwas Besonderes für vermeintlich ganz Besondere. Die genau daran scheitern. Dazu noch einmal meine Großmutter: "Wenn dir jemand als Vorgesetzter Angst machen will, dann stell ihn dir auf der Toilette vor. Schon kann er dir keine Angst mehr machen."
Meine Großmutter ist leider schon seit vielen Jahren tot, sonst würde ich vorschlagen: "Gebt ihr die Kolumne von Peter Hahne." Mit dem, was sie schreiben würde, könnte man etwas anfangen...Meine Großmutter jedenfalls hat sich nie Gedanken über das "Elend der Eliten" gemacht - nicht einmal, als Hitler an die Macht kam. Als ihr Abteilungsleiter Anfang Februar 1933 von ihr verlangte: "Ab sofort grüßt du mit Heil Hitler" antwortete sie: "Den kannst du ganz allein heilen." Dabei blieb sie. Punkt.
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